Bohlenpfad durch das Viru-Moor in Estland; Foto: Baier

Moore im Baltikum - Paradiese für Natur und Klima

Auf den schmalen Holzplanken eines Moorpfades zu wandern, ist wie ein Ausflug in eine andere Welt. Moore im Baltikum bieten vielen Tier- und Pflanzenarten eine Heimat und sind unverzichtbar im Kampf gegen den Klimawandel. 

Egal, ob du im Großen Ķemeri Moor westlich von Riga unterwegs bist, in Litauens Mūša Tyrel Moor oder auf einem der vielen Moorwege in Estland: Der Faszination dieser einzigartigen, magischen Biotope kann sich niemand entziehen. Wir waren auf vielen Wegen und Bohlenpfaden im Baltikum unterwegs - unter anderem in einem faszinierenden Wald- und Moorgebiet, das nur ein paar Busminuten südlich von Tallinn liegt.

Unberührtes Moor in Estland

Vielfältige Pflanzen- und Tierwelt

Flora und Fauna, aber auch die Stille, Unberührtheit und die Vielfalt baltischer Moore faszinieren immer wieder aufs Neue: Baumlose, offene Moorflächen mit wenigen Krüppelkiefern wechseln sich ab mit Birken- oder Nadelwäldern, es gibt weite Flächen, die nur mit niedrigen Sträuchern und den weißen Wattebäuschen des Wollgrases bedeckt sind. Man geht über kilometerlange Bohlenpfade, an feuchten Wiesen und stillen Tümpeln entlang, in denen sich der Himmel spiegelt.

Holzbohlenpfad durchs Moor in Estland, Foto: privat
Weite Moorlandschaft im Viru-Moor, Estland, Foto: privat

Zu jeder Jahres- und sogar Tageszeit zeigen Moore ein anderes Gesicht. Frühmorgens kann man durch Nebelschwaden wandern und den charakteristischen Rufen von Kranichen lauschen. Wer die Augen offen hält, sieht Moorenten, Birkhühner, Grau- und Silberreiher und kann mit viel Glück sogar einen Fischadler beobachten. Also auf jeden Fall ein Fernglas mitnehmen! 

Moor in Estland, Foto: privat  Moose und Flechten im Viru-Moor, Foto: privat

Vor allem im Frühjahr und Herbst sind die Moore ein wahres Paradies für Vogelbeobachter, während im Sommer die Blüten des Heidekrauts die Landschaft in ein Meer aus Rosa tauchen. Dann laden kleine Pools und Tümpel, die sich in vielen Mooren bilden, sogar zu einem kurzen Bad ein - kleine Leitern, Einstiegshilfen und Ruhebänke inklusive.

Badestelle in einem Moor in Estland, Foto: privat

Besonders feucht ist es im Frühjahr: Als wir vorigen April kurz nach der Schneeschmelze das Moor bei Tallinn besuchten, stand der halbe Wald unter Wasser, Wege waren teilweise unpassierbar.

Überschwemmtes Moor im April bei Tallinn, Foto: privat

Moore: Schätze der baltischen Natur

Moore sind aber nicht nur faszinierende Lebensräume, sondern auch unverzichtbare ökologische Systeme im Kampf gegen den Klimawandel. Estland, Lettland und Litauen gehören zu den moorreichen Regionen Europas. In Estland ist sogar ein Fünftel der Landfläche von Mooren bedeckt. Die Hoch- und Niedermoore der baltischen Staaten bieten aber nicht nur Tier- und Pflanzenarten eine Heimat, sie haben auch eine kaum zu unterschätzende Bedeutung für das globale Klima.

Moore wirken wie gigantische Schwämme, die Wasser speichern und zugleich als Kohlenstoffsenken fungieren. In intakten Mooren wird mehr CO2 gebunden als in den meisten anderen Ökosystemen. Ein Quadratmeter Moor speichert etwa zehnmal so viel Kohlenstoff wie ein Wald gleicher Größe. Dadurch tragen sie maßgeblich zur Minderung der Erderwärmung bei.

Die Bedeutung für den Klima- und Artenschutz

Doch dieser Lebensraum ist bedroht. Schon seit Jahrhunderten werden Moore entwässert, um Platz für landwirtschaftliche Nutzung, Torfabbau oder Bebauung zu schaffen. Ein Trend, der sich in den vergangenen Jahrzehnten verstärkt hat - mit gravierenden Folgen: Bei der Trockenlegung von Mooren wird der gespeicherte Kohlenstoff in Form von Treibhausgasen freigesetzt. Weltweit stammen rund 5 % der CO2-Emissionen aus entwässerten Mooren – mehr als der gesamte globale Luftverkehr verursacht.

Moore sind nicht nur für den Klimaschutz unverzichtbar, sondern auch für den Artenschutz. In den baltischen Mooren finden sich seltene und spezialisierte Arten, die auf diesen Lebensraum angewiesen sind. Dazu gehören bedrohte Vogelarten wie Adler oder Moorente ebenso wie Pflanzen. Der Sonnentau ist hier beispielsweise heimisch, eine fleischfressende Pflanze, die sich von Insekten ernährt.

Wiedervernässung von Mooren

Die Wiedervernässung und Renaturierung von Mooren ist eine zentrale Aufgabe, um diese wertvollen Lebensräume zu bewahren. In Estland laufen dazu bereits zahlreiche Projekte, mit europäischer Unterstützung werden ehemalige Torfabbaugebiete renaturiert und in lebendige Moore verwandelt. Diese Maßnahmen helfen nicht nur, CO2-Emissionen zu reduzieren, sondern schaffen auch neue Lebensräume für bedrohte Arten.

Ein Naturerlebnis der besonderen Art

Wer die Moore des Baltikums erkundet, kann nicht nur eine einzigartige Natur erleben, sondern auch die Bedeutung dieses Lebensraums unmittelbar spüren. Beliebte Ziele wie das Viru-Hochmoor im Lahemaa-Nationalpark bieten gut ausgebaute Wanderwege und Aussichtstürme, die einem grandiose Ausblicke über die Moorlandschaft erlauben.

Ausblick auf Moor mit Holzbohlenweg in Estland
Eckart und Anita auf einem Aussichtsturm im Viru-Moor

Die baltischen Moore erinnern uns daran, wie eng Natur und Klima miteinander verbunden sind. Sie sind nicht nur ein Ort der Stille und des Staunens. Wer einmal über die Planken eines Moorpfades gewandert ist, wird die Faszination und die Dringlichkeit spüren, diesen einzigartigen Lebensraum für kommende Generationen zu bewahren.

Text: Eckart Baier

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