
Sperrholz – Multitalent aus der Natur
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Stabil, leicht und so flexibel, dass es (fast) jede Form annimmt: Sperrholz ist im Möbelbau unverzichtbar und für Designer ein regelrechtes Hypermaterial aus der Natur. Viele baltische Hersteller setzen aufs verleimte Schichtholz, das aus heimischen Birken gewonnen wird.
Man kann von Massivholzmöbeln schwärmen, von ihrer natürlichen Schönheit, der einzigartigen Maserung der Oberflächen. Doch die Sache hat nicht nur im wahren Sinne ihren Preis, Tische, Schränke und Kommoden aus Massivholz sind auch schwer und können leicht verziehen. Wer kennt das nicht, dass eine Schranktür nicht mehr richtig schließt, außerdem können bei wechselnden Feuchtigkeitsbedingungen unschöne Risse entstehen.

Ganz anders Sperrholz: Es ist deutlich leichter als Massivholz und durch das Verleimen von mehreren Holzlagen, deren Fasern in unterschiedlichen Richtungen verlaufen, entsteht ein Material, das so gut wie nicht "arbeitet" wie Vollholz und auch keine Risse bildet. Unter Druck- und Wärmeeinwirkung kann es gebogen und in fast jede gewünschte Form gebracht werden. Die Bauindustrie verwendet Sperrholz für Fußböden, Wände, Dachstühle und Schalungen, im Möbelbau wird das Schichtmaterial für Regale ebenso eingesetzt wie für exklusive Designermöbel. Vor 100 und mehr Jahren wurden Hutschachteln, Handtaschen und Koffer aus gebogenem Sperrholz gefertigt (Bild unten, entnommen von www.estonianworld.com, Foto: Ann Alari), und sogar leichte Flugzeuge und Autos sind aus diesem Material: Zum Beispiel wurde der Borgward Lloyd 300, der berühmte „Leukoplastbomber“, in der Nachkriegszeit aus leichten und robusten Sperrholz gefertigt, das mit Kunstleder überzogen wurde (Foto unten: Wikimedia Commons, Foto: Spurzem).


Sperrholz - Material mit großer Tradition
Sperrholz ist aber keineswegs eine Erfindung der Neuzeit: Schon vor mehr als 5000 Jahren haben die Menschen im alten Ägypten und in China erkannt, dass dünn geschnittene Holzplatten, die miteinander verleimt wurden, hohe Stabilität und Festigkeit aufweisen. Im 19. Jahrhundert erfuhr Sperrholz durch neue Leim- und Pressverfahren einen enormen Aufschwung – und Estland war ganz vorne dabei: 1897 erfand die Luterma-Möbelfabrik in Tallinn den wasserfesten Sperrholzkleber und gründete im selben Jahr die Firma Venesta in London. Luterma fertigte in den 1920er und -30er Jahren zahlreiche Sperrholzmöbel – unter anderem auch für die Bauhaus-Designer Walter Gropius und Marcel Breuer –, die heute als ikonische Möbelstücke der Moderne gelten.

(Bild: Beistelltisch aus Sperrholz, Luterma, Estland 1930).
Alvar Aalto, Charles Eames, Egon Eiermann, Eero Saarinen, Arne Jacobsen - sie und viele andere weltberühmte Designer haben immer wieder und konsequent auf die Vorteile von Sperrholz gesetzt.
Schließlich ist das Material nicht nur leicht, es lässt sich auch biegen, man kann es sägen, bohren und fräsen, ohne dass es splittert oder ausfranst. Zudem ist Sperrholz kostengünstig und nachhaltig, weil für die Herstellung auch Holz verwendet werden kann, das für den Möbelbau mit Massivholz nicht in Frage kommt.
Baltikum als Zentrum der Sperrholzmanufaktur
Im Baltikum wird die große Tradition des Möbelbaus mit Sperrholz von Firmen wie Tarmeko, Emko, Woodman oder Radis intensiv gepflegt. Mit hochwertigen Furnieren aus Eiche oder anderen Materialien werden Tische, Schränke, Sideboards und Kommoden aus stabilem Birkensperrholz optisch aufgewertet und so nicht selten zu außergewöhnlichen Designerstücken. Und vor giftigem Leim muss heute niemand mehr Angst haben: Die Firmen verwenden ausschließlich Sperrholz, das ressourcenschonend, FSC-zertifiziert und frei von Formaldehyd und anderen schädlichen Stoffen ist.
Sperrholz ist ein Naturprodukt und echtes Multitalent. Gerade im Möbelbau sind die Möglichkeiten, mit dem verleimten Schichtholz zu arbeiten, schier unendlich – die Hersteller im Baltikum machen es vor, wie’s geht.
Beispiele für aktuelle Möbel aus Sperrholz




